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Kilian hat mit Auszeichnung bestanden

Der 17-jährige Kilian aus Bregenz hat bei Integra Vorarlberg nach einer herausfordernden Episode seinen Pflichtschulabschluss (PSA) nachgeholt. 

Integra: Kilian, du hast gerade den Pflichtschulabschluss mit lauter Einsern absolviert. Herzliche Gratulation! Aber der Weg dorthin war nicht einfach...

Kilian: Nein. Nach meinem ersten Jahr im BG Gallus habe ich in den Sommerferien neue Leute kennengelernt. Mit einem Mädchen hat es angefangen, dann ging es innerhalb von zwei Wochen steil bergab. Mit ihr habe ich angefangen zu trinken und bin bald regelmäßig von zuhause abgehauen. Meine Mutter war absolut überfordert, da sie nicht wusste, was vor sich ging.

Diese neue Clique hat mich mit zwölf Jahren sehr fasziniert und ich rutschte immer tiefer ab. Der Reiz des Verbotenen war unwiderstehlich, sodass meine Mutter sogar anfing, die Wohnung abzusperren. Doch ich lernte, die Schlösser aufzubrechen. 

Meine Mutter war verzweifelt! Sie hat alles versucht und jede Beratung im Land in Anspruch genommen. Doch ich habe immer neue Leute kennengelernt und bin komplett in die falsche Richtung gelaufen.

Ich habe Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin und die mir heute sehr leidtun. Damals habe ich Menschen, die ich liebe, viel Leid zugefügt, sowohl meiner Mutter als auch zwei ehemaligen Freundinnen. Meine Mutter hat immer auf mich geschaut und sie hat meine schlimme Phase sehr persönlich genommen, weil sie sich dafür verantwortlich fühlte! 

In die Schule bin ich nur noch selten gegangen. Wenn du einmal schwänzt und merkst, dass du damit durchkommst, dann fallen die Hemmungen und es passiert immer wieder. Ich war das schwarze Schaf am BG Gallus und irgendwann haben sie sich geweigert, mich die vierte Klasse wiederholen zu lassen. Was mir heute leid tut, weil es eine sehr gute Schule war und ich schulisch eigentlich fit gewesen wäre. Ich hätte dort viel gelernt - solche Dinge bereust du im Nachhinein.

Also wechselte ich in die Mittelschule Rieden, was eine große Umstellung war, mit der ich gar nicht klargekommen bin. Dort habe ich meine Zeit eigentlich nur abgesessen, um mein neuntes Schuljahr hinter mich zu bringen.

Integra: Wie war das, all diese Eskapaden aufzuführen und trotzdem zuhause zu wohnen?

Kilian: Ich musste eine Zeit lang zuhause ausziehen und in eine WG in Feldkirch ziehen. Da war ich fünf Wochen, was aber nicht funktionierte. Die neuen Leute, die ich kennenlernte, waren gleich unterwegs wie mein alter Freundeskreis, also änderte sich dort nichts. Darum kam ich zurück und meine Mutter nahm mich wieder auf, was aber auch nicht funktionierte. 

Integra: Wie bist du aus der Sache wieder herausgekommen?

Kilian: Mit fünfzehn Jahren ist es nach einer Gerichtsverhandlung besser geworden. Ich habe mit dem Alkohol aufgehört und mich mit meiner Mutter versöhnt. Nach meinem letzten Schultag in der Mittelschule Rieden bin ich direkt zur Integra Vorarlberg, wo ich in der WerkStadt Bregenz geringfügig zu arbeiten begann.

Eines Tages überkam mich aus heiterem Himmel ein Gedanke: Mir wurde klar, dass ich in meinem Leben etwas erreichen will und nicht als kompletter Loser enden möchte. Das war ein unglaublicher Augenöffner und ein schockierender Schlüsselmoment!

In der WerkStadt Bregenz lernte ich wieder grundlegendende Dinge wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit kennen. Dort erfuhr ich vom Team zum ersten Mal von der Möglichkeit, meinen PSA nachzuholen und wurde in diese Richtung sehr gut unterstützt.

Nach einem dreiviertel Jahr in der WerkStadt Bregenz wechselte ich also zum Integra Pflichtschulabschluss in Wolfurt und war positiv überrascht, dass ich für diese Zeit sogar Geld bekam. Das hat diesen noch attraktiver für mich gemacht.

Der Einstieg war großartig. Ein fantastisches Team, liebe Leute und eine neue Herausforderung. Ich war mit meinen sechzehn Jahren der Jüngste und habe mich mit allen gut verstanden.

Wer mich am meisten fasziniert hat war die Elke. Ich habe allen Freunden von ihr erzählt und beinahe schon von ihr geschwärmt. Sie hat über dreißig Jahre lang in Amerika gelebt, hat viel Lebenserfahrung, hat an Highschools und an einer Universität unterrichtet, ist in verschiedensten Ländern gewesen – und das war meine Lehrerin! Ich durfte jeden Tag so viel krasse Dinge lernen! Die Lehrerinnen im PSA haben mich richtig inspiriert!

Es hat mir auch sehr geholfen, dass ich die drei Lehrerinnen sehr mochte - und sie mich auch. Diese drei und meine Mutter haben sich immer um mich gesorgt und mich immer unterstützt. Nicht jeder hat das Glück, so unterstützt zu werden.

Von Woche zu Woche habe ich mich hier noch wohler gefühlt. Ich wurde täglich darin bestärkt, „nicht abzustürzen!“ Das hat mich wirklich motiviert. Genauso wie die Tatsache, dass ich mir mit dem Lernen wieder leichtgetan habe und anderen sogar helfen konnte. Dieses Jahr hat mir gezeigt, dass es das ist, was ich will: ein normales und sinnvolles Leben und nicht diesen Blödsinn, den ich vorher gemacht habe! Dieses neue Leben hat mir richtig Spaß gemacht!

Integra: Was ist der neue Plan?

Kilian: Ich war absolut motiviert, eine Lehre mit Matura zu machen, wovon ich aber wieder abgekommen bin. Ich will nicht studieren und konzentriere mich in meiner Lehre nun auf das Handwerk.

Bei einem Bewerbungstraining im AMS habe ich meine Lehrstelle gefunden: Ich beginne im September eine Lehre im Hochbau bei i+r Schertler. Dort kann ich mich weiterentwickeln. 

Für meinen Pflichtschulabschluss habe ich ein Jahr gebraucht und es ist perfekt gelaufen. Wo es möglich war, habe ich die Fächer auf AHS-Niveau gemacht und habe mit lauter Einsern abgeschlossen.

Integra: Wie geht es dir, wenn du auf den holprigen Weg zurückschaust?

Kilian: Wenn ich auf meinen Weg zurückschaue, gibt es vieles, das ich gerne rückgängig machen würde - vor allem Dinge, die ich meiner Mutter angetan habe. Aber das geht nicht. 

Ich bin für diesen „holprigen Weg“ aber auch dankbar, weil mich diese Erfahrungen reifer gemacht haben. Ich habe viel gesehen und bin froh, dass ich jetzt da bin, wo ich bin. Ein paar Sachen hätte ich aus heutiger Sicht aber gerne auslassen können. (lacht)

Ich werde diese Erfahrungen jedoch nie vergessen. Sie waren teilweise SEHR heftig und auch grenzwertig. Heute übernehme ich aber die Verantwortung dafür. Ich werde meiner Mutter zum Beispiel alles zurückzahlen, was sie netterweise für meine Strafen bezahlt hat.

Dieser Kurs hat mir sehr geholfen. Elkes Aussagen haben mich immer begleitet und ich habe oft zuhause über ihre weisen Worte nachgedacht. Auch über die von Elena. Das hat mir wirklich die Augen geöffnet und dafür bin ich unendlich dankbar.

Diese Ausbildung abzuschließen und durchzuziehen war mein Weg, etwas zurückzugeben und die Hilfe und Unterstützung wertzuschätzen, die ich auf meinem Weg bekommen habe. Ich kann den Kurs jedem nur ans Herz legen! 

Ich habe auch in paar Kollegen, die den Pflichtschulabschluss nachmachen müssten, aber ich glaube, die machen das nicht mehr. Bei denen muss es auch zuerst mal „Klick“ machen. Ich weiß aber gar nicht, was es für diesen „Klick“ braucht, für diese Realisation. Der kam bei mir so richtig aus dem Nichts.

Integra: Ja, aber du warst offen dafür. Und du warst auch kein Opfer. Du hast gemerkt, dass du Mist gebaut hast, die Verantwortung dafür übernommen und alles dafür getan, es besser zu machen. Das spricht sehr für deinen Charakter.

 Kilian: Ich habe erst sehr spät bemerkt, wie viele Leute mich unterstützt und was sie alles für mich getan haben. Und ich bin sehr dankbar dafür.

 

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